Der aktuelle Immobilienmarkt in Ballungsgebieten ist durch Mangel gekennzeichnet. Der sichtbarste Mangel sind Mietwohnungen. Von bezahlbaren Mietwohnungen ganz zu schweigen. Die Politik versucht mit strikten Regeln, die fast schon Enteignungscharakter haben, gegen die steigenden Preise vorzugehen. Erhaltungssatzungen, Bestellerprinzip, Mietpreisbremse, Kürzung der Kappungsgrenze, Reduzierung der Umlagefähigkeit von Modernisierungen, Verschärfung der Mietpreisbremse und weitere Maßnahmen sollen die Mieter schützen. Doch leider ist das Ergebnis genau das Gegenteil.
Vielleicht sollte man auch eine Differenzierung einführen, denn es wäre sinnvoll zwischen Mietern und Mietsuchenden/Wohnungssuchenden zu unterscheiden. Während viele Mieter tatsächlich von den Maßnahmen profitieren, verschlechtert es die Position der Wohnungssuchenden dramatisch. Sie treffen auf weniger Angebot zu noch höheren Preisen. Die Frage darf erlaubt sein, ob die Politik diese Unterscheidung übersehen hat, sie also fachlich schlecht aufgestellt ist oder ob sie die Differenzierung bewusst ignoriert.
Die Diskussion um die Sinnhaftigkeit jeder einzelnen Maßnahme wäre zwar hilfreich, um den Mechanismus des Wohnungsmarktes zu erklären, würde jedoch den Blick auf den Gesamtmarkt verstellen. Zunächst scheint es sehr verstörend, dass es trotz des enormen Baubooms kein auch nur annähernd ausreichendes Mietangebot in den Ballungsräumen gibt. Untersucht man den Bauboom genauer, so stellt man fest, dass fast ausschließlich Eigenheime (Häuser und Eigentumswohnungen) produziert werden d.h. sie stehen nur zu einem sehr kleinen Prozentsatz dem Mietmarkt zur Verfügung. Auch die aufgerufenen Kaufpreise dieser Immobilien lassen eine nachhaltige Bewirtschaftung kaum zu.
Wenn in einer Marktwirtschaft das Produkt „Mietwohnung“ fehlt, eine hohe Nachfrage dafür besteht und ein „hoher“ Preis dafür zu erzielen ist, stellt sich die Frage, warum der Markt keine „Mietwohnungen“ herstellt. Wer versucht eine singuläre Ursache für dieses Paradox zu finden, wird scheitern, denn dieser scheinbare Widerspruch hat viele Ursachen.
Zunächst ist die unzureichende Ausweisung neuen Baulandes zu nennen. Viele der neuen Wohnungen werden auf Bauflächen errichtet, die vorher bebaut waren d.h. es werden Immobilien / Wohnungen abgerissen, um neue Wohnungen zu errichten. Es versteht sich von selbst, dass diese Substitution einen lange anhaltenden Nachfrageüberschuss nicht stillen kann. Da das Angebot nicht ausgeweitet, also kein neues Bauland ausgewiesen wird, steigen die Grundstückspreise in ungeahnte Höhen. Und zu hohe Grundstückspreise machen den Bau von Mietwohnungen eher uninteressant, da das Investment durch die beigelagerten Regeln (z.B. Mietrecht, Steuerrecht) einen sehr schmalen Profit erwarten lassen.
Die Genehmigungsbehörden und –verfahren sind lang, ausufernd und kompliziert. Nicht selten vergehen von den ersten Schritten bis zur Genehmigung mehr als 6 Monate. Für die Behörden ist dies schnell. Für den Bauwerber unerträglich lang, denn er kann bis zur Genehmigung weder die weiteren Schritte einleiten (z.B. Erstellung der Teilungserklärung, Vermessung des Grundstücks, Einmessung des Hauses), noch die Vermarktung starten.
Bauen in Deutschland bedeutet auch Bauen mit sehr hohen, komplexen und sich widersprechenden baurechtlichen Anforderungen. In jüngerer Vergangenheit wurden die Anforderungen an Energieeinsparungen, Schallschutz und Brandschutz so verschärft, dass die Baukosten um mehr als 40% gestiegen sind. Doch auch kleine Vorschriften wie der Pkw-Stellplatznachweis führen zu großen Kosten, so dass auch aus dieser Sicht mit steigenden Kosten zu rechnen ist. Das macht für den Bauherrn einen Abverkauf einzelner Wohnungen in einem gehoben Preissegment attraktiver, als ein Mietshaus zu errichten.
All diese marktinternen Ursachen verhindern den Bau von Mietwohnungen. Um diesen Hemmnissen entgegenzutreten, könnte die Politik mit steuerlichen Fördermaßnahmen kontern. Leider schafft sie aber genau in diesem Bereich die Förderung ab. Auch das Mietrecht und der Mieterschutz -rechtlich hohe Güter- wurden nochmals zu Lasten des Vermieters verschärft, so dass eine nachhaltige Bewirtschaftung der Mietwohnungen in Frage gestellt wird.
Alle Punkte führen -nicht jeder für sich, aber alle in Summe- dazu, dass sich die Produktion neuen Wohnraums eher an den Selbstnutzer in einem gehobenen Preissegment richtet. Der Markt reagiert richtig, nur leider falsch.