Und plötzlich war Krieg
Mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine am 24.2.2022 haben sich nicht nur die politischen Strukturen radikal geändert, sondern die globalen Abhängigkeiten Deutschlands wurden, mehr noch als in der Corona-Krise, offensichtlich. Mit der Explosion der Gas- und Strompreise wurde eine Lawine der Preiserhöhungen losgetreten, die die Inflation in nie erwartete Höhen schraubte.
Eine unglückliche Rolle
Die Europäische Zentralbank (EZB) hielt lange, zu lange an Ihrer Null-Zins-Politik fest. Obwohl die EZB ein übergeordnetes, unpolitische Organ sein sollte, diente diese Politik dazu, dass hoch verschuldete Mitgliedsstaaten Ihre Staatsschulden abbauen konnten. Während die US-Notenbank schon weit vor dem Ukraine-Krieg ihre Leitzinsen in kleinen Schritten für die Wirtschaft verträglich erhöhte, blieb die EZB aus politischen Gründen unter den notwendigen Anpassungen. Erst als die Inflation aus dem Ruder zu laufen schien, erhöhte sie den Leitzins mit großen Schritten, so dass der (verwöhnte) Käufer einer Immobilie mit einem Zins von ca. 4% konfrontiert wurde. Ein weiterer Schock.
Die Immobilienpreise reagieren
Nachdem die Preise für Immobilien seit 10 Jahren nur eine Richtung kannten -sie stiegen, änderten sich jetzt de Koordinaten grundlegend. Während vor dem Ukraine-Krieg Verkäufer fast 30% mehr erzielen konnten, als eine gutachterliche Bewertung auswies, müssen Verkäufer heute Preisrückgänge hinnehmen. Diese Korrekturen sind heilsam.
Politischer Dilettantismus
Just als der Markt die Schockwellen absorbiert hatte, Vertrauen zurückkehrte und sich stabilisierte, brachte die Politik, in Person des Wirtschaftsministers mit abenteuerlichen Plänen zum Heizen zum Stillstand. So schrumpfte der Immobilienumsatz in Bayern von 17,1 Mrd. € (2. Quartal 2022) auf 11,0 Mrd. €. Die Baugenehmigungen brachen um 30% ein. Die Stornierungen im Baugewerbe liegen bei ca. 20% pro Monat. Das Gespenst der „Wohnungsnot“ ist realer denn je.
Kreditkiller Beleihungswert
Durch die hohe Zinsbelastung bei dem Kauf einer Immobilie, kann sich nicht mehr jeder die „eigenen 4 Wände“ leisten. Jedoch ist diese Belastung nicht der ausschlaggebende Grund, warum eine Finanzierung so schwierig geworden ist. Während der „Null-Zins-Politik“ haben die Banken Ihr Geld verschenkt, wohl wissend, dass sie auch Immobilien finanzierten, die deutlich über einer gutachterlichen Bewertung lagen. Viele Käufer erwarben damals mit (sehr) wenig Eigenkapital eine Immobilie, da die Banken die Beleihungswerte der Immobilie mit 70-80% (oder höher) festlegten. Die Banken müssen jetzt mit Kreditausfällen rechnen. Dieses Fehlverhalten der Banken früherer Tage büßen jetzt die Kunden in dem die Banken überzogene Sicherheitsleistungen einfordern (Beleihungswert teilweise bei 40%).
Bremsen lösen
Die Bau- und Immobilienwirtschaft gilt als Indikator der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Um eine Trendumkehr zu schaffen, bedarf es Mut und ein konsequentes Handeln. Während in den vergangenen Jahrzehnten zuerst der Neubau im Fokus der Politiker stand, sollte heute zuerst die Kreditbremse „Beleihungswert“ auf dem Markt für gebrauchte Immobilien gelöst werden. Gleichzeitig muss der Neubau von Wohnungen entbürokartisiert und beschleunigt werden.